Flussregenpfeifer und Seeforelle

Der Alpenrhein ist trotz seiner Defizite ein wichtiger Lebensraum zahlreicher Tier- und Pflanzenarten. Dies soll am Beispiel des Flussregenpfeifers und der Seeforelle gezeigt werden

Charakteristische Vogelart des Alpenrheins
Am Beispiel des Flussregenpfeifers (Charadrius dubius) wird dies deutlich. In der gesamten Schweiz brüten 100-120 Paare dieser gefährdeten Vogelart. Der Alpenrhein beherbergt ein Drittel des Schweizer Brutbestandes. Wichtige Brutplätze des Flussregenpfeifers liegen im Churer Rheintal von Untervaz bis Landquart/Mastrils, im „Dreiländereck“ Schweiz-Liechtenstein-Vorarlberg zwischen Trübbach und Oberriet sowie an der Rheinmündung in Vorarlberg.

Flussregenpfeifer brüten auf vegetationsfreien Kies- und Sandbänken im Alpenrhein. Auf Kies und Sand sind Flussregenpfeifer und ihre Gelege fast unsichtbar und vor Feinden geschützt. Die Brutplätze liegen bevorzugt an breiten Umlagerungsstrecken und der weiträumigen Mündung. Denn hier hat der Rhein genügend Raum und gestaltet sein Bett immer wieder neu. So entstehen ständig frisch angelandete Kies- und Sandbänke, die für Flussregenpfeifer geeignet sind. Flussregenpfeifer besiedeln auch künstliche Ersatzflächen wie Kiesgruben und Baustellen. Dies jedoch meist nur kurzfristig, denn durch Überbauung und Pflanzenaufwuchs gehen sie meist schnell wieder verloren. Am Alpenrhein müssen deshalb naturnahe, dynamische Flussabschnitte erhalten und weitere Flussaufweitungen geschaffen werden.

Der Alpenrhein – an Fischarten verarmt
Der Alpenrhein zeigte ursprünglich einen artenreichen Fischbestand. 1850 lebten 30 Fischarten im weitgehend naturbelassenen Fluss. Heute kommen nur mehr 17 Fischarten vor, davon 11 nur mehr vereinzelt. Nur mehr 6 Fischarten sind im Alpenrhein häufig: Bachforelle, Elritze, Äsche, Hasel, Groppe und Brachse. Es verschwanden ruhigwasserliebende Arten wie Schleie, Karpfen und Bitterling, da Nebenarme und vernetzte Altarme im regulierten Alpenrhein weitgehend fehlen. Damit büßten auch andere Fischarten wie Hecht, Brachse und Flussbarsch einen Großteil ihrer Laichplätze und Jungfischlebens-räume ein. Die Umweltorganisationen erwarten, dass diese Defizite im Rahmen des Entwicklungskonzeptes Alpenrhein verringert werden. Mit gezielten Maßnahmen lassen sich auch Erfolge erzielen. Die Bemühungen der Internationalen Bevollmächtigtenkonferenz für die Fischerei am Bodensee (IBKF) um die Seeforelle sind ein gutes Beispiel dafür.

Vom Problemfisch zum Motivationsträger
Noch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war die Seeforelle (Salmo trutta forma lacustris) so häufig, dass sie für die Berufsfischer am Bodensee von wirtschaftlicher Bedeutung war. Anfang der 80er Jahre wäre die Seeforelle beinahe ausgestorben. Hauptursachen für diesen dramatischen Bestandesrückgang waren ein hoher Befischungsdruck im Bodensee und Aufstiegshindernisse bei der Wanderung zu den Laichgebieten.

Die Seeforelle – auch Rheinlanke genannt – wandert aus dem Bodensee in die Zuflüsse, um in den Oberläufen zu laichen. Mit dem Bau des Kraftwerks Reichenau bei Domat/Ems im Jahr 1962 waren die Seeforellen von ihren Hauptlaichgebieten im Hinterrhein unterhalb der Albula und im Vorderrhein abgeschnitten. Aufstiegshindernisse versperrten ihnen auch den Weg in andere Laichgebiete wie Ill, Bregenzerach oder Argen. Ab 1980 wurde damit begonnen, Aufstiegshilfen zu bauen. Im Jahr 2000 wurde die Fischpassanlage beim Kraftwerk Reichenau in Betrieb genommen. Erstmals seit 38 Jahren stiegen wieder 376 Seeforellen zu ihren ursprünglichen Hauptlaichgebieten auf. Diese Erfolge sollten zu weiteren Maßnahmen motivieren. Denn die natürliche Fortpflanzung der Seeforelle ist noch nicht gewährleistet. Durch den Schwallbetrieb der Kraftwerke und die damit verbundene hohe Trübung erhalten Fischeier im verstopften Schotter-Lückenraum zu wenig Sauerstoff, werden bei den täglichen Schwallspitzen mechanisch geschädigt und Jungfische fallen beim Schwallrückgang trocken.

Der Alpenrhein ist trotz seiner Defizite ein wichtiger Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten. Viele seltene und bedrohte Arten kommen hier noch vor, wie der Flussregenpfeifer und die Seeforelle.

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