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Jahrhundert- chance Alpenrhein
Die Mastrilser Auen in Graubünden lassen erahnen, welch dynamischer, vielfältiger Lebensraum der Rhein einst war und wie er wieder werden könnte. Diese letzte naturnahe Auenlandschaft am Alpenrhein erkundeten 50 Interessierte anlässlich einer von Naturschutzbund Vorarlberg, inatura, WWF St. Gallen –alles Partner der Plattform Lebendiger Alpenrhein- organisierten Exkursion. Die Biologin Monika Gstöhl von der Liechtensteinischen Gesellschaft für Umweltschutz erklärte die Bedeutung der Flussdynamik. Ohne sie ist eine Au keine Au, erst durch die dynamischen Prozesse entstehen die unterschiedlichen Lebensräume. Dafür braucht der Fluss aber Platz. Erst ab einer Breite von 300 Metern, wie sie bei den Mastrilser Auen gegeben ist, entwickelt sich die ganze Fülle an Auenlebensräumen. Im Zusammenspiel von schnell und langsam fließenden Flussarmen, Kies- und Sandinseln, Flach- und Steilufern, Auwäldern, Tümpeln etc. lebt eine Vielzahl an Tier- und Pflanzenarten. Anhand von Bildern stellte Monika Gstöhl einige Bewohner der Mastrilser Auen vor, u.a. den Flussregenpfeifer, der auf vegetationsarmen Kiesbänken brütet. Sie betonte auch die Bedeutung der Auen als Laichgewässer für Fische und Amphibien. Im Untervazer Dorfbach Cosanz, der in den Mastrilser Auen in den Alpenrhein mündet, entdeckten die jüngsten Exkursionsteilnehmer, wie als Beweis dafür, eine Kaulquappe. Noch schwer zu erkennen war die Deutsche Tamariske, da ihre Blätter um diese Zeit noch nicht voll entwickelt sind. Viele kennen diese Auenpflanze nur aus dem Lehrbuch, da sie in Vorarlberg ausgestorben ist. Durch Aufweitungen, wie sie im Projekt Rhesi geplant sind, könnten für die Deutsche Tamariske, den Flussregenpfeifer, die Gelbbauchunke und viele andere Auenbewohner wieder Lebensräume am Alpenrhein zwischen Illmündung und Bodensee entstehen. Genaueres zum Projekt Rhesi erfuhren die Teilnehmenden aus erster Hand von Projektleiter Markus Mähr im Vortragssaal von RheinSchauen. Derzeit ist der Alpenrhein für einen Abfluss von 3.100 m3/s ausgebaut, das entspricht ungefähr einem 100-jährlichen Hochwasser. Ein Hochwasserereignis mit einem Abfluss von 4.300 m3/s tritt statistisch alle 300 Jahre auf, aber das könnte schon nächstes Jahr sein. Durch ein solches 300-jährliches Hochwasserereignis würde das Rheintal großflächig überflutet und ein enormer Schaden entstehen. Denn gerade das untere Rheintal ist besonders dicht besiedelt und ein wichtiger Wirtschaftsraum. Im Projekt Rhesi soll die Abflusskapazität des Alpenrheins zwischen Illmündung und Bodensee durch Aufweitungen innerhalb von Außendämmen erhöht und der Alpenrhein sicherer bei Hochwasser werden. Gleichzeitig wird aus dem monotonen Kanal wieder ein lebendiger, artenreicher Fluss, der zudem Erholungssuchenden Naturerlebnisse vor der Haustüre bietet - eine Jahrhundertchance! Bis es soweit ist müssen noch viele Fragen z.B. zur Landwirtschaft und zu den Trinkwasserbrunnen im Vorland geklärt und viel Überzeugungsarbeit geleistet werden. Bei Kaffee und Kuchen diskutierten die Teilnehmenden noch rege und ließen den erlebnisreichen Exkursionstag gemütlich ausklingen.
Bianca Burtscher, Naturschutzbund Vorarlberg