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Trittsteine aufbauen
Anlässlich des Themenabends über Revitalisierungsprojekte gab Armin Lorenz, Gewässerbiologe der Universität Duisburg-Essen, Einblick in seine langjährige Forschungsarbeit in diesem Bereich.
Schlüsselfaktoren schonende Landnutzung und Auwald
Um den erwünschten Erfolg zu erzielen, so Lorenz, sollte eine lange Revitalisierungsstrecke definiert werden. „Aber auch oberhalb und unterhalb dieser Strecke muss die Landnutzung geregelt sein. Breite bewaldete Pufferstreifen oberhalb und entlang der Revitalisierungsstrecke sind wichtig. Sie reduzieren den unerwünschten Nährstoffeintrag und sind Lebensraum für unzählige Tier- und Pflanzenarten. Dank der Uferstreifen kommt aber auch Energie in Form von Laub und Holz ins Gewässer. Dieses organische Material bildet die Nahrungsgrundlage für die Lebewesen. "Von bewaldeten Uferstreifen profitieren alle untersuchten Indikatorengruppen", so Lorenz.
Mit Konzept zum Erfolg
Lorenz zeigte mit seinen Forschungskollegen auch auf, dass die erwünschte Wiederansiedlung von bedrohten Arten in Revitalisierungsstrecken ausbleibt, wenn im Umkreis von 5 km diese Arten nicht verbreitet sind. Wichtig ist deshalb, nahe von Restvorkommen bedrohter Arten zu revitalisieren. Es braucht ganz klar ein dichtes Netz von biologischen Trittsteinen, sprich Revitalisierungsstrecken, damit die Arten ihr ursprüngliches Verbreitungssgebiet im gesamten Gewässersystem zurückerlangen könnten. Beim Alpenrhein wären demnach biologische Trittsteine in der Nähe des Bodensees wichtig, oder im Gebiet der naturnahen Mastrilser Rheinauen wichtig. Auch dürfen die Trittsteine entlang der Grenze Schweiz/Liechtenstein nicht fehlen. „Natürlich ist ein Gesamtkonzept für das ganze Einzugsgebiet notwendig, um ein Fliessgewässer wie den Alpenrhein zu revitalisieren“, erklärt Lorenz. Für den Alpenrhein liegt dieses Trittsteinkonzept bereits vor (Entwicklungskonzept Alpenrhein). Die 19 Flussaufweitungen zur Verbesserung der Ökologie und des Geschiebemanagements entsprechen biologischen Trittsteinen. Die geplanten Trittsteine wären besonders für bedrohte Wanderfische wie Nasen und Bodensee-Felchen aber auch für bedrohte Pionierpflanzen wie der Kleine Rohrkolben oder die Deutsche Tamariske ein Segen.
Erste Anschauungsbeispiele machen Lust auf mehr
Um aber auch die Bevölkerung für das Vorhaben zu gewinnen, sind Initialprojekte notwendig, die veranschaulichen, dass bei einer Revitalisierung alle gewinnen: Die Trinkwasserversorgung, der Hochwasserschutz, die Natur und die lokale Bevölkerung, die mit einem attraktiven Ausflugsziel beschenkt wird. "Es hat sich gezeigt, dass sich weitere Revitalisierungen viel einfacher umsetzen lassen, wenn sich die Bevölkerung bereits an einem ersten Beispiel erfreuen kann".
Medienbericht Liechtensteiner Vaterland
Zusammengefasste Erkenntnisse aus der Forschung
1. Länger ist besser
Es braucht lange Revitalisierungsstrecken, damit sich der erwünschte biologische Erfolg einstellt. Je länger die Revitalisierungsstrecke, desto höher die Artenzahl. Dies ging aus dem Vergleich der Artenzahl von längeren mit kürzeren Revitalisierungsstrecken hervor.
2. Verträgliche Landnutzung entlang der obliegenden Strecke zentral
Die Qualität der Land- und Bodennutzung und somit der Wasserqualität oberhalb der Revitalisierungsstrecke ist matchentscheidend, und zwar bis über 10 km oberhalb der Revitalisierungsstrecke. Eine nicht angepasste Landnutzung limitiere die Wirkung der Strukturaufwertung (Morphologie).
3. Nahe bei Hotspots revitalisieren verspricht Erfolg
Die Wiederbesiedlung nahe einem bestehenden Hotspot ist wichtig, soll denn ein Erfolg bezüglich Artenzahl bei Fischen, Wasserpflanzen, Gewässerinsekten, Laufkäfern und Auenvegetation nachweisbar sein. Anders gesagt, wenn im Umkreis von 5 km nix ist, kommt nix.
4. Auwald ist das A & O
Auenwald sein ein überragender Einflussfaktor: wenn die Ufer der obliegenden Strecke nur schon mit 20% Auenwald gesäumt sind, profitieren alle analysierten Indikatorengruppen (Fische, Wasserpflanzen, Gewässerinsekten und Laufkäfer). Vor allem Gewässerinsekten und Fische profitieren stark vom Auwald an obliegenden Strecken. Denn, Auwald puffert die schädlichen Nährstoffeinträge, Auwald bringt Schwemmholz, Blattlaub und somit Energie ins Gewässer, welches wiederum Nahrungsgrundlage für Gewässerorganismen ist.
5. Das gesamte Einzugsgebiet berücksichtigen und mit Konzept revitalisieren
Es braucht Revitalisierungskonzepte bzw. Gewässerentwicklungskonzepte , die aufzeigen, wo, wann und wieso revitalisiert wird. Welche ökologischen und flussbaulichen Ziele sollen erreicht werden? So sollte z.B. von Beginn an die Anzahl der Aufweitungsabschnitte (Trittsteine), deren Länge und Breite in Abhängigkeit der zu fördernden Arten sowie flussbaulichen Ziele festgelegt werden.
6. Initialprojekte sind wegweisend für künftige Planungen
Die Landfrage sei einfacher zu lösen, wenn ein Initialprojekt realisiert worden sei.