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Petition fordert mehr Hochwasser- schutz am Alpenrhein
Umweltorganisationen überreichen am Rheinvorland in Widnau den Regierungen eine Petition für mehr Hochwasserschutz und Raumsicherung am Alpenrhein.
Am Internationalen Tag des Wassers haben die Umweltverbände aus Vorarlberg, St. Gallen, Liechtenstein und Graubünden den drei Regierungsmitgliedern, Renate Müssner aus Liechtenstein, Willi Haag aus St. Gallen und Erich Schwärzler aus Vorarlbergl die Petition "Hochwasserschutz jetzt" überreicht. Für die Umweltverbände ist klar: Eine umfassende Aufwertung des Lebensraums Alpenrhein kann nur in Verbindung mit den notwendigen Massnahmen zur Hochwassersicherheit angegangen werden. Dieses Generationenprojekt verlangt eine Anpassung des Staatsvertrags zwischen Österreich und der Schweiz und ein solidarisches Vorgehen aller Anrainerstaaten, um den notwendigen Raum für Notentlastungsräume und Aufweitungen freizuhalten. „Alle sind gefordert, damit das Rheintal ein sicheres Siedlungsgebiet und auch wieder ein wertvoller Naherholungs- und Lebensraum wird“, betonte Claudia Friedl als Vertreterin der Umweltverbände bei der Begrüssung der Gäste.
Hochwasser erprobtes Rheintal und ein historischer Ritt nach Wien
Gemeindepräsident Walter Grob aus Au/SG verdeutlicht mit Bildern die stetige Hochwassergefahr im Rheintal. „Immer wieder treten unscheinbare Bäche über die Ufer und setzen ganze Dorfteile unter Wasser. Nur schon für den Rhein selber rechnet man heute mit einem Schadenspotential von rund 5 Milliarden Franken.“
Auch der Bürgermeister von Mäder/VA, Rainer Siegele erinnert an die immense Schadenskraft des Rheins in den vergangenen Zeiten. Sein damaliger Vorgänger ritt 1824 selbst zum Kaiser nach Wien, um von der Not zu berichten. Durch die Verbauung des Rheins wurde das Land nutzbar gemacht und die Hochwassersicherheit erhöht. „Mit der Klimaerwärmung ist der Hochwasserschutz nicht mehr gewährleistet. Es ist hoch an der Zeit, wieder einmal nach Wien und vielleicht auch nach Bern zu reiten, um einen ökologisch verträglichen Hochwasserschutz am Rhein zu erreichen.“
Dass die Internationale Rheinregulierung nicht inaktiv ist, betont der österreichische Rheinbauleiter Martin Weiss. Er weist auf die soeben in Auftrag gegebenen Planungsarbeiten für das generelle Projekt hin. Hochwassersicherheit, Umweltanforderungen und Ökonomie müssen darin berücksichtigt werden. Die Kosten werden auf 400 Mio. Euro, bzw. 600 Mio. Franken geschätzt. Ein gewaltiges Projekt also.
Lebensraum muss verbessert werden
Das Entwicklungskonzept Alpenrhein der Internationalen Rheinkommission aus dem Jahr 2005 enthält eine Reihe Massnahmen zur Verbesserung der Situation am Alpenrhein. Neben der Hochwassergefahr sind für den Alpenrhein die Sunk/Schwall Problematik, der gestörte Geschiebetrieb und die Trübung ebenfalls dringend zu lösende Probleme, stellt Moritz Rheinberger von der Liechtensteinischen Gesellschaft für Umweltschutz fest. Für Liechtenstein ist ein Stopp des weiteren Absinkens des Grundwasserspiegels ein zentrales Anliegen.
Auf die Verantwortung der Oberlieger am Alpenrhein weist dabei auch Anita Mazzetta vom WWF Graubünden hin. Wenn diese Kies abbauen, in den Speicherkraftwerken Schwall produzieren, dem Fluss den nötigen Platz nicht gewähren, dann hat das auch Auswirkungen auf die Unterlieger. Beim Hochwasserschutz ist der Handlungsbedarf in Graubünden zwar klein. Flächen für Flussraumaufweitungen müssen aber dringend am ganzen Alpenrhein raumplanerisch gesichert werden, auch in Graubünden. Durch gezielte Aufweitungen soll aus Hochwasser „Breitwasser“ werden.
Die im Entwicklungskonzept Alpenrhein vorgeschlagenen Aufweitungen bieten die einmalige Chance, die Hochwassersicherheit zu erhöhen und gleichzeitig den Alpenrhein ökologisch aufzuwerten, ist Bianca Burtscher vom Naturschutzbund Vorarlberg überzeugt. Da die genauen Reaktionen des Rheins nur schwer vorhersehbar sind, soll zuerst in einer Pilotstrecke zwischen Lustenau und Fußach eine Aufweitung innerhalb der äußeren Dämme erprobt werden. Die Umweltorganisationen entlang des Alpenrheins fordern deshalb die Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger dazu auf, die Pilotstrecke möglichst bald aufzuweiten.
Kein Opfer von Sparmassnahmen
Die Umweltorganisationen befürchten, dass die Projekte unter den Budgetkürzungen in den kommenden Jahren leiden könnten. Sie appellieren daher an alle Verantwortlichen, sich dafür einzusetzen, dass die Planungsarbeiten für den Alpenrhein nicht gekürzt oder hinausgeschoben werden. „Hochwasserschutz und ökologische Aufwertungsmassnahmen müssen von Anfang an optimal koordiniert werden“, fordert Pierre Walz von Pro Natura St. Gallen/Appenzell. Das eine darf das andere nicht ausschliessen. Deshalb wollen die Umweltorganisationen in die Planung frühzeitig miteinbezogen werden.
Auch die Verantwortlichen wollen mehr Ökologie
Landrat Schwärzler betont zwar, für das Land Vorarlberg stehe fest: Sicherheit hat im Interesse der betroffenen Bevölkerung Vorrang! Deshalb wurden die Verhandlungen mit dem Bund zur Erhöhung der Abflusskapazität in der Internationalen Alpenrhein-Strecke von der Illmündung bis zum Bodensee auch mit Nachdruck geführt. Aber auch er sagt: „Im Interesse einer gesamthaften wasserwirtschaftlichen Planung ist es für mich selbstverständlich, dass auch die Fragen der Auswirkungen auf das Grundwasser und auch die Möglichkeiten der Verbesserung der ökologischen Verhältnisse in diesem generellen Projekt mit abgehandelt werden.“
Regierungsrat Willi Haag stellt fest, dass mit dem Entwicklungskonzept Alpenrhein ein erstes Ziel erreicht worden ist. Seine Umsetzung ist nun eine Generationenaufgabe, bei der jede einzelne Projektierung eine vertiefte Interessenabwägung und zwar ökonomisch, ökologisch, sozial und finanziell erforderlich macht und zwar entlang dem ganzen Rhein von Reichenau bis zum Bodensee. „Damit wollen wir die Attraktivität des Alpenrheintals als Lebens-, Wohn- und Wirtschaftsraum im Gleichklang zwischen Ökonomie und Ökologie weiter erhöhen.“
Petition und Gummistiefel für Regierungen
Zusammen mit der Petition, die 2680 Unterschriften enthält, viele stammen von Bewohnerinnen und Bewohnern aus dem Rheintal, überreichten die Umweltverbände den Regierungsmitgliedern je ein Paar Gummistiefel. Damit sie beim nächsten Hochwasser gewappnet sind oder aber durch ein renaturiertes Flussstück waten und die Natur beobachten können. Die für den Staatsvertrag zuständigen Umweltminister der Schweiz und Österreichs, Moritz Leuenberger und Nikolaus Berlakovich erhalten zusammen mit der Petition gewichtige Post: Einen schönen Kiesel aus dem Alpenrhein.