Neuigkeiten
Zum Internationaler Tag des Wassers
Die geplanten Revitalisierungs-Massnahmen am Alpenrhein und seinen Zuflüssen gehören zu den wichtigsten Zielen der Umwelt- und Fischereiverbände beidseits des Alpenrheins. Das Anfang dieses Jahres in Kraft getretene revidierte eidg. Gewässerschutzgesetz könnte dafür die nötigen Impulse geben. Grund genug, am Internationalen Tag des Wassers einen Blick auf den Rhein zu werfen
Die seit letztem Jahr neu auf dem Internet zugänglichen Dufourkarten aus den Jahren um 1850 zeigen es deutlich: Der Alpenrhein war ein wilder Fluss, auf weiten Strecken des Mittellaufs verzweigt, am Unterlauf mäandrierend. Und, er brachte die Bevölkerung immer wieder in Bedrängnis. Erst Jahrzehnte später, nachdem grosse Ingenieure wie Hans Conrad Escher von Linth bereits andere Wildflüsse verbaut hatten, wagte man sich auch beim Alpenrhein an einen grossen Eingriff. Die erste grosse Rheinkorrektion erfolgte zwischen 1860 und 1890. Um 1900 wurde der Fussacher Durchstich eröffnet, der Rhein bekam eine neue Mündung. Über die Jahrzehnte wurde der Fluss sukzessive verbaut und in ein enges Korsett gedrängt. Links und rechts vom Rhein konnten so grosse landwirtschaftlich nutzbare Flächen gewonnen werden. Diese baulichen Eingriffe in diesen dynamischen Lebensraum hatten einen hohen Preis: Unzählige Pflanzen- und Tierarten sind in dieser Region ausgestorben. Auch für den Menschen ging wertvoller Naherholungsraum verloren. Mit andern Worten, die Ökologie war der klare Verlierer.
Der Raum fehlt
Das urban gemachte Land, das einmal dem Rhein gehörte, ist heute genutzt und verbaut. Hochwasser, wenn sie über die Dämme gehen oder diese brechen lassen, haben ein riesiges Schadenspotential. Die Plattform „Lebendiger Alpenrhein“, eine Zusammenschluss der Umweltverbände am Alpenrhein, hatte zum letztjährigen Tag des Wassers die verantwortlichen Regierungsmitglieder an den Alpenrhein eingeladen. Dort wiesen Vertreter der Plattform mit Nachdruck auf die ökologischen Aufwertungen hin, welche die anstehende Hochwassersanierung begleiten müsse. Ein erster wichtiger Schritt sei die Sicherstellung des notwendigen Gewässerraumes, damit sich wieder ein vielfältiger Lebensraum entwickelt und dadurch das grosse Schadenspotential von Hochwassern gemindert werden kann.
Ein Fluss, eine Region
Im vergangenen Jahr hat sich am Alpenrhein Einiges bewegt. Die Internationale Rheinregulierung hat die Planungsarbeiten für den Ausbau innerhalb der Internationalen Strecke von der Illmündung bis zum Bodensee ausgeschrieben. Ab 2017 soll an diesem Grossprojekt gebaut werden, voraussichtlich 20 Jahre lang. Zudem haben St. Gallen und Vorarlberg kürzlich die Rheintalkarten herausgegeben. In dem grenzüberschreitenden Werkheft wird neben soziokulturellen Karten auch ein Blatt mit Überschwemmungsflächen im Falle eines Hochwassers publiziert. In St. Gallen heissen die wichtigen Freihaltezonen Notentlastungsräume, die Vorarlberger nennen sie blaue Zonen. Beide haben die gleiche Funktion: Bei Überflutungen soll das Wasser gezielt dorthin hineinfliessen, wo es wenig Schaden verursacht.
Gemeinsam für den Lebensraum Alpenrhein
Weil die Revitalisierung des Alpenrheins drei Länder betrifft, haben sich die Umweltverbände im Jahr 2002 zum gemeinsamen Vorgehen in der Plattform Lebendiger Alpenrhein zusammen geschlossen. Seit 2010 fanden sich auch die Fischer am Alpenrhein zusammen und gründeten eine Arbeitsgemeinschaft unter dem Namen ProFisch Alpenrhein. Das Anliegen ist das gleiche: die dringende Verbesserung der Lebensräume im Rhein und seinen Zubringern. Lukas Indermaur, Projektleiter Lebendiger Alpenrhein des WWF Schweiz meint dazu: „Am Alpenrhein gibt es im Bereich Lebensraumverbesserung so viel zu tun, dass es angezeigt ist, mit Partnern zusammenzuarbeiten. Da bietet sich ProFisch Alpenrhein als internationale Plattform geradezu an. Aber auch mit lokalen Naturschutzvereinen wollen wir den Kontakt suchen, um gemeinsam Gewässeraufwertungen zu initiieren.“ Im Entwicklungskonzept Alpenrhein der Internationalen Regierungskommission Alpenrhein seien aber schon zahlreiche gute ökologische Massnahmen enthalten. „Diesen wollen wir zum Durchbruch verhelfen“, erklärte Indermaur.
Das revidierte eidgenössische Gewässerschutzgesetz als Motor
Dazu beitragen könnte auch das per 1. Januar in Kraft getretene revidierte Gewässerschutzgesetzt. Darin werden die Kantone verpflichtet, den Gewässerraum zu sichern und ein Programm zur Revitalisierung ihrer Gewässer zu erarbeiten. Auch sind die Kantone verpflichtet, die Fischgängigkeit sicherzustellen und den Geschiebetrieb zu sanieren. Dies ist vor allem bei Wasserkraftwerken ein Problem. Der Bund übernimmt einen beträchtlichen Anteil der Planungs- und Umsetzungskosten. Zufrieden sind damit auch die Fischer. Sie waren es, die den Anstoss zu dieser Revision gaben. Rainer Kühnis, Leiter der Koordinationsgruppe von ProFisch Alpenrhein und Präsident der Liechtensteinischen Gesellschaft für Umweltschutz ist stolz auf seine Schweizer Fischerkollegen. „Es waren die Schweizer Fischer, die mit ihrer Volksinitiative „Lebendiges Wasser“ 2006 Bundesrat und Parlament dazu gebracht haben, das Gewässerschutzgesetz zu revidieren und wichtige Verbesserungen für die Fische zu erwirken. Das wirkt sich auch auf die Liechtensteinische Gesetzgebung aus und in Vorarlberg helfen die europäischen Wasserrahmenrichtlinien.“
Aufbruchstimmung am Alpenrhein
Der revitalisierte Binnenkanal bei Rüthi zeigt, dass viel möglich ist, wenn sich jemand engagiert. Diese gelungene Aufwertung ist primär dem Rüthner Gemeindepräsidenten Thomas Ammann, dem Zweckverband Rheintaler Binnenkanal und den St.Galler Wasserbauern zu verdanken. Thomas Ammann: „Auslöser für das Projekt Hochwasserschutz und Ökologie war ein Hochwasser 1999 und 2000. Der 2008 revitalisierte Abschnitt des Rheintaler Binnenkanals wird mit jedem Jahr schöner und mehr akzeptiert. Die Leute sind oft skeptisch, weil die Angst vor der Naturgewalt bei uns im Rheintal einfach da ist. Aber der Gewinn an Natur und Identität, den uns diese revitalisierte Strecke zurückgibt, ist einmalig.“ Wichtig ist für Ammann aber auch die Feststellung, dass der neue, naturnahe Abschnitt des Binnenkanals auch in Bezug auf den Hochwasserschutz die Anforderungen erfüllt. Ammann: „Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag zum Gesamtprojekt Binnenkanal und Alpenrhein.“
Offensichtlich finden ob solch guter Erfahrungen die St. Galler Wasserbauer gemeinsam mit den Bündner Kollegen den Mut zum grossen Wurf, nämlich einer punktuellen Aufweitung des Alpenrheins selbst. Aktuell sind Abklärungen zur Machbarkeit einer Aufweitung im Raum Bad Ragaz-Maienfeld im Gange. Ähnliche Abklärungen wurden vor rund 15 Jahren bereits vorgenommen. Nun soll endliche eine Massnahme aus dem EKA umgesetzt werden. Die Plattform Lebendiger Alpenrhein sieht deshalb einen Silberstreifen am Horizont. Deren Vertreter wünschen sich aber, dass die Mitfinanzierung durch den Bund aufgrund des revidierten Gewässerschutzgesetzes besonders hoch ausfällt. „Immerhin geht es doch um die schweizweit grösste geplante Gewässerrevitalisierung überhaupt. Und da braucht es jetzt einfach positive Signale von allen Seiten“, erklärt Lukas Indermaur, Projektleiter Lebendiger Alpenrhein.
Erfolg im kleineren MassstabDas Projekt Linth 2000 beinhaltet die Sanierung des Escher- und Linth-Kanals. Ein Teil des 120 Millionen-Projektes ist auch für die Revitalisierung der Wasserläufe vorgesehen. Wie viel dies genau ist, wissen auch die Umweltverbände nicht. Und es ist wohl auch schwierig, diese genau zu beziffern, denn in die Sanierung integriert sind viele kleine Nischen zwischen im Kanton Glarus auf dem Abschnitt des Escherkanals, sowie zwischen dem Walensee und dem Zürichsee. Den Umweltverbänden ist es gelungen, zusätzlich 10 Massnahmen zu Gunsten der Natur im Bauprojekt unterzubringen. Eine wichtige Massnahme befindet sich beim Benkener Ried, das nun auch mit dem ökologisch wertvollen Kaltbrunner Ried über Korridore vernetzt wird. Zudem wird das Benkener Ried um vier Hektaren vergrössert. Eine andere wichtige Massnahme entsteht unter dem Projektnahmen Hänggelgiessen. Es beinhaltet eine lokal begrenzte Ausweitung der Linth, so dass ein zukünftiger Auenwald einen Lebensraum findet. Während am Linthkanal die Bauarbeiten in vollem Gang sind, nützt der Fluss als Escherkanal auf dem Gebiet von Glarus bereits die neugewonnene Freiheit. Das Projekt „Chli Gäsitschachen“ am Escherkanal gewährt dem Fluss ein breiteres Bett. Werner Meier, Geschäftsführer vom WWF Schwyz ist zufrieden. „Das Fliessgewässer hat dies bereits ausgenützt und mit seiner Kraft und Dynamik neue Wege gesucht und Flussinseln geschaffen.“ Für die Umweltverbände ist die Entwicklung im Gebiet Escher-Linth doppelt erfreulich. Einerseits ist sie ein Gewinn für die Natur, andererseits entsteht hier ein Vorbild für das noch grössere Projekt der Revitalisierung am Alpenrhein.