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Der Rhein braucht mehr Raum - und Chur einen See?
An der Jahresversammlung des WWF Graubünden diskutierten Fachleute zum Thema: Der Alpenrhein braucht mehr Raum - und Chur einen See?
Mehr Raum für den Rhein. So lautet eines der wichtigsten Ziele des Entwicklungskonzepts Alpenrhein, welches Benno Zarn im Auftrag der Internationalen Regierungskommission Alpenrhein (IRKA) verfasst hat. Der Bauingenieur aus Domat/Ems befasst sich schon seit 15 Jahren mit der Renaturierung des Rheins von Reichenau bis zum Bodensee. Am Dienstag stellte er sein Entwicklungskonzept mit verschiedenen Flussraumaufweitungen entlang des Alpenrheins an der Jahresversammlung des WWF Graubünden öffentlich vor. An der anschliessenden Podiumsdiskussion zum Thema „Der Rhein braucht mehr Raum – und Chur einen See?“ diskutierten auch Anna Ratti, Präsidentin des Churer See-Vereines, Joseph Sauter, Berater Stadtkonzept Chur, und Marcel Michel, Amt für Jagd und Fischerei Graubünden mit.
Flussbett 18-mal aufweiten
Zarns Konzept will dem 90 Kilometer langen Alpenrhein mittels Aufweitungen seines Flussbettes von Chur bis ins St.Galler Rheintal mehr Platz verschaffen. «So können Kiesinseln und Seitenarme entstehen, was von ökologischem Nutzen ist, aber auch vor Hochwasser schützt und sauberes Trinkwasser sichert.» Die 18 vorgeschlagenen Flussraumaufweitungen würden langfristig die Abflusskapazität des Rheines zwischen Diepoldsau (SG) und dem Bodensee erhöhen. Dies wirke der unerwünschten Auflandung im Bereich des Bodensees entgegen. Weiter werde durch die Aufweitungen die Passierbarkeit im Rhein und seinen Zuflüssen erhöht, es würden die Abflussschwankungen gedämpft sowie die Schäden bei «extrem seltenen» Hochwasserereignissen minimiert, so Zarn. Erwünschte Effekte wären zudem die Reduktion des Geschiebetransportes vor allem in den langen Eintiefungsstrecken bei Buchs (SG) sowie bessere Grundwasserverhältnisse. Zarn: «Die heute unverbauten ufernahen Bereiche müssen für Flussraumaufweitungen oder als Überschwemmungszonen frei bleiben."
Churer See oder Naturzone?
Während Zarn für Chur eine seiner Rheinaufweitungen Richtung Talhang als Naturzone vorsieht, möchte Anna Ratti, Präsidentin Churer See-Verein, auf dem gegenüberliegenden Rossbodenareal einen künstlichen See mit ökologischen Lebensräumen und Naherholungsgebiet verwirklichen. «Wir betrachten den See auf dem Rossboden als alternative Nutzung zum Militär», sagte Ratti. Joseph Sauter, Berater Stadtkonzept Chur und Projektleiter Erholung und Freizeit Alpenrhein, hat Verständnis für die Idee eines Churer Sees. Der Drang der Leute ans Wasser, sei sehr gross. «Wenn schon ein See, dann soll gleich ein rechter gebaut werden.» Vorläufig werde der Rossboden jedoch militärisch genutzt.
See im Domleschg?
Die Verminderung von Schwall und Sunk plus die Rheinaufweitungen sind für Marcel Michel vom Amt für Jagd und Fischerei von zentraler Bedeutung. «Mit Auenlandschaften können wir etwas für die Fische herausholen. Ein See zielt nicht auf die Fische, sondern auf die Menschen ab.» Um den Schwall im Rhein zu senken, sehe er eher einen See im Domleschg, bei Ilanz oder Mastrils als auf dem Rossboden, meinte auch Benno Zarn. Dazu sei aber sehr viel Platz, nämlich vier Millionen Kubikmeter nötig, betonte der Emser Bauingenieur.