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Wasserkraft- ausbau und Wassermärchen
Fukushima wird als Vehikel genutzt, um den Ausbau der Wasserkraft auf Kosten des geltenden Natur- und Landschaftsschutzes voranzutreiben. Dabei werden Umweltverbände als Verhinderer dargestellt, zu Unrecht. Den Umweltverbänden ist es wichtig, dass die Förderung der Wasserkraft mit gesundem Menschenverstand geschieht. Die Verhältnismässigkeit der zusätzlichen realisierbaren Energieproduktion durch Wasserkraft gegenüber anderen Energieformen ist klar zu kommunizieren. Offenzulegen sind auch die oft verschwiegenden ökologischen Nachteile der Wasserkraftnutzung.
Das Märchen vom Verhinderer
Sogar mit medialen Lügen wird dem Raubbau an den letzten Naturperlen der Weg geebnet. Im 10vor 10 wurde anfangs April behauptet, dass die Umweltverbände 500 von 800 Wasserkaftprojekten mit Einsprachen blockierten. Tatsächlich tätigte der WWF in den letzten 3 Jahren 34 Einsprachen, davon 3 in den Kantonen St.Gallen und beiden Appenzell. Praktisch alle diese Projekte können mit Verbesserungen trotzdem realisiert werden. Projekte werden dann beanstandet, wenn die Auswirkungen des Projektes auf die Umwelt nicht sauber aufgezeigt werden oder wenn diese in Gebiete mit besonderem Schutz zu liegen kommen. Die Bewilligungsbehörde in St.Gallen hat unter anderem auch deshalb in den letzten 5 Jahren von 20 Ermittlungsgesuchen und Vorprojekten die Hälfte ablehnen müssen.
Zu beachten ist, dass die Umweltverbände keine Kraftwerke verhindern können. Hingegen können sie prüfen, ob alle gesetzlichen Anforderungen erfüllt sind und Unzulänglichkeiten allenfalls zur Diskussion stellen. Der Kanton, und in Ausnahmen das Gericht, entscheiden ob ein problematisches Kraftwerk gebaut wird oder nicht. Gut zu wissen auch, dass die Umweltverbände mit den Behörden, teilweise auch mit Bauherren wie z.B. der Axpo einen konstruktiven Dialog pflegen. Damit kann bereits in frühen Projektphasen auf kritische Punkte hingewiesen werden, was die Planungssicherheit erhöht. Die Fakten belegen die berechtigte, zurückhaltende und konstruktive Haltung der Umweltverbände bei der Beschwerdeführung.
Vom Unsinn, unsere letzten Naturperlen zu opfern
Wir haben in der Schweiz noch gerade 5% frei fliessende Bäche und Flüsse. In nur 133 Jahren wurden 95% unserer nutzbaren Fliessgewässer (15800 km) verbaut, trockengelegt oder gar gänzlich zerstört. In der Folge haben wir 90% unserer Auen verloren und 75% aller Fischarten sind bedroht oder ausgestorben. Die Verbauung der letzten natürlichen Fliessstrecken würde der Schweiz höchstens 2.5 TWh/a bringen – oder 3.5% des Schweizer Energiebedarfs. Dass dies ökologischer Irrsinn ist wird sogar vom Bundesamt für Energie BFE anerkannt.
Hingegen können mit Sanierungen bestehender Kleinwasserkraftwerke KWKW oder dem Zubau von KWKW an ökologisch unbedenklichen Standorten zusätzlich 1 TWh/a erzeugt werden. Dies entspricht den Energiezielen des BFE. Vorallem aber lassen sich durch Gebäudesanierungen bis 50% des Schweizer Gesamtenergiebdarfs „einsparen“. Es ist deshalb unsinnig und gemäss Bundesverfassung unverhältnismässig, die letzten Naturperlen für so wenig „Pfus“ zu opfern.
Erst die Hausaufgaben
Bevor zusätzliche Gewässernutzungen verfügt werden, sollten gebeutelte Gewässer saniert werden. Seit 1992 enthält das Gewässerschutzgesetz GSchG Restwasservorschriften, wonach unterhalb von Wasserfassungen ein minimaler Abfluss vorhanden sein muss, für die Gewässerfunktionen und seine Lebeswesen. Die Umsetzungsfrist betrug komfortable 15 Jahre, also bis 2007. Dann wurde um 5 Jahre verlängert. Passiert ist viel zu wenig: Schweizweit wurden gemäss Wasserforschungsinstitut eawag 24% der Restwasserstrecken saniert (Stand 2007). Der Grossteil der Restwasserstrecken dürstet noch immer nach mehr!
In Graubünden schiesst die BDP den Vogel ab. Die BDP beauftragt am 19.04.2011 die Regierung des Kantons Graubünden, die gesetzlich vorgeschriebene Restwassersanierung, welche bis 2012 abgeschlossen sein müssten, um weitere 10 Jahre zu verschieben. Die BDP Graubünden fordert ein 10-jähriges Moratium für Restwassersanierungen von Schweizer Wasserkraftwerken. Das ist unverschämt und eine Verhöhnung des Volkes. Denn, hinter dem Gesetz steht schlussendlich der Volkswillen. Zudem, die Kraftwerkbetreiber hatten 20 Jahre Zeit für die Restwassersanierung. In dieser Zeit wurde gut verdient, notabene mit einem öffentlichen Gut. Und, wer Ökostrom verkaufen will, muss Mindestrestwassermengen garantieren, sonst geht's nicht auf.
Klare Haltung des Kantons St.Gallen zur Wasserkraft
Die SVP-Fraktion erkundigte sich mittels Interpellation nach der Nutzung der Fliessgewässer durch KWKW im Kanton SG und bemängelte die Vollzugspraxis. Der Kanton SG gehöre zu jenen mit der kritischsten Haltung. Es sei möglich, durch zusätzliche KWKW den Bau von 2 Atomkraftwerken zu umgehen – was natürlich ein Witz ist!
Aus der Antwort des Regierungsrats vom 05.04.2011 auf geht eine klare Haltung bezüglich der künftigen Wasserkraftnutzung hervor. So wird z.B. festgehalten, dass die energetisch interessantesten Strecken bereites systematisch genutzt werden. Deshalb sei das energetische Potential grösstenteils ausgeschöpft. Hingegen liesse sich Mehrproduktion von Energie aus Wasserkraft vorwiegend durch Erneuerungen und Erweiterungen bestehender Anlagen erreichen. Der Regierungsrat nennt als Beispiel die bereits erfolgte Erneuerung von Laufkraftwerken an der Thur. Dort habe die Energieproduktion um Faktor 2.5 zugenommen. Die Stossrichtung des Regierungsrates ist gut, wäre aber noch besser, wenn eine richtplanerisch verankerte Positivplanung erstellt würde.
Weitere Interpellationen und Anfragen
In St.Gallen wollen FDP und SVP wollen die Regierung trotz der klaren Antwort mit denselben Anliegen weiterbeschäftigen: Die SVP-Fraktion in SG will mit einer Interpellation per 27.04.2011 die Realisierbarkeit verhinderter oder nicht ausgeführter Wasserkraftwerke im Kanton prüfen. Die FDP-Fraktion wünscht mit einer Interpellation per 26.04.2011, dass die Regierung administrative Hürden für erneuerbare Energien abbauen soll, um die Energielücke zu stopfen. In dieselbe Kerbe haut die BDP mit einem Fraktionsauftrag vom 19.04.2011 in Graubünden: abgelehnte Projekte sollen neu aufgerollt werden.